Wo: Pflügerstraße 25, Berlin-Neukölln, U-Bahnhof Schönleinstraße oder Hermannplatz
Was gibts: paleolithische Küche, gluten- und zuckerfrei; auch vegetarische Gerichte
Preise: Hauptgerichte zwischen 14 und 25 Euro
Offen: Dienstag bis Sonntag 18-24.00 Uhr
Neulich auf der U7: Zwei
camel-gewandete Mittfünfzigerinnen, perlmuttfarbener Lidschatten unter den
randlosen Brillen, die Longchamp-Shopper auf dem Schoß, sinnieren über den
weiteren Verlauf der Linie. „Rathaus Neukölln“ liest die eine: „Also da war ich
ja noch nie.“ Die andere stöhnt. „Man könnte doch einfach mal… denkst du, es
ist gefährlich?“ Die andere zieht die Augenbrauen hoch, seufzt: „Hem“. „Es gibt
da jetzt dieses neue Restaurant, mit der Steinzeit-Küche. Das würde mich schon
mal interessieren.“ Die andere: „Emh?!“ „Man könnte ja ein Taxi nehmen…“,
überlegt die Kommunikative noch beim Aussteigen am Fehrbelliner Platz.
„Neukölln ist überall!“
hätte ich den beiden gerne nachgerufen, unterließ es aber, weil ich mich ungern
in der U-Bahn exponiere; und auch weil ich nun meinerseits sinniere: Es kann
doch nicht angehen, dass nun schon Wilmersdorferinnen über das Neuköllner Restaurant
der Stunde Bescheid wissen – und ich dort noch gar nie war!
Seit Mai 2011 gibt es das
‚Sauvage‘ in der Pflügerstraße. Es ist das erste paleolithische Restaurant
Europas, mindestens, vielleicht auch der Welt. Man kocht dort gemäß
steinzeitlicher Essgewohnheiten, das heißt: kein Getreide, keine Milchprodukte,
kein Zucker; dafür Gemüse, Fleisch, Fisch, Eier, Öle, Nüsse, Samen und Kräuter,
welche dann selbstverständlich aus biologischem Anbau oder „aus der wilden
Tierwelt“ stammen. Letzteres erklärt uns ein charmanter Schlaks mit
französischem Akzent und wedelt dazu mit den Händen (um einen fliegenden Vogel
nachzuahmen?). Es ist Samstagabend und ich bin im Sauvage.
Das Restaurant ist mit
Preisen von 14 – 25 Euro für die Hauptspeisen dann doch so gehoben, dass der
Besuch eines besonderen Anlasses bedarf. Ein solcher ist mit dem Geburtstag
meines glutenunverträglichen Freundes endlich gekommen.
Schon beim Eintreten
umwehen uns kräuter-zimtige Wohlgerüche, das kleine Restaurant wird vor allem
von Kerzen erhellt. Die kleinen Blumen, die auf jedem der blanken Holztische
stehen, werfen Schatten an die Wände und sind ihr einziger Schmuck. Man kommt
sich trotzdem nicht wie im Neandertal vor, was ich angesichts der
Qype-Kategorisierung als ‚Erlebnisrestaurant‘ ehrlich gesagt ein bisschen befürchtet
hatte: Der Service ist international-kommunikativ, entspannt ohne flapsig zu
sein, es gibt Stoffservietten und Silberbesteck.
Wir bestellen einen
‚Hunter’s Plate‘, „der perfekte Einstieg in die paleolithische Küche“, zur
Vorspeise. Auf einer Schiefertafel werden uns in kleinen Schälchen angerichtete
Pestos, Salate, Dips an Sprossen, Kräutern und Brot serviert. Das ist eine
geschmackliche Offenbarung, der meine hastig geknipsten Fotos einfach nicht
gerecht werden (daher diesmal keine, sorry). Als Hauptspeise dann Rinderfilet mit
Austernpilzen und Fasan an gegrillten Pflaumen und Rüben. Beide Gerichte werden
mit einem Wildkräutersalat und Kokospüree serviert und sind unglaublich gut. So
gut, dass mein in Sachen Rinderfilet wirklich sehr bewanderter Freund dieses
als „das beste Stück Fleisch, das ich je gegessen habe“ bezeichnet. Und ja, jenseits
aller Ideologie (Steigerung der Libido! Nie mehr Grippe!) bin auch ich
begeistert von dieser zugleich puren und geschmacklich intensiven Küche auf
sehr hohem Niveau.
Ich spare für den nächsten großen Anlass.
- Elisabeth
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