Donnerstag, 6. September 2012

Rollberg-Flohmarkt und Schillerbar

Wo: Rollberg-Flohmarkt: Werbellinstraße 50 Schillerbar: Herrfurthstr. 7.
-->Was gibt’s: Flohmarktspaß, Café-Standards, Frühstück, Barbetrieb, Kuchen und Gebäck vom Schillerbäcker sowie Burger und Pommes vom Schillerburger (vgl. Blogeintrag vom 4.Juli)
Preise: Kaffee 1,80, Cappuccino 2,30, frischer Ingwertee 2,20, Croissant 1,10.
Offen: Flohmarkt von 9-18h, Schillerbar von 9-2h




Bevor die Herbstzeit mit Blog Posts über Kürbissuppe und den ersten Glühwein beginnt, genießen Luisa und ich den Spätsommer mit einem Spaziergang zum Rollbergflohmarkt. Dieser kleine noch relativ junge Flohmarkt liegt versteckt vor den Touristenmassen hinter der ehemaligen Wilko Brauerei. Perfekt getarnt durch eine riesige Baustelle, die sich seit Monaten auf der Mainzer Straße befindet. 
Anstelle von ausgewählten Antiquitäten (die sind jeden Sonntag auf der Straße des 17. Juni zu finden) und dem sortierten, blankgeputzten Angebot des Mauerparkflohmarkts gibt es hier eine breite Auswahl an Allem. So lassen sich zwischen einigem Ramsch auch noch kleine Kostbarkeiten zu Schnäppchenpreisen entdecken. Und das Beste ist, anstatt sich im Rudel von Stand zu Stand zu quetschen hat man hier seelenruhig Zeit und Platz zum Schlendern und Schauen, dafür muss man sich  mit dem ein oder anderen Deoverweigerer abfinden. Und man sollte darauf achten nicht aus Versehen gegen einen achtlos bereitgestellten Karton voller Porzellan zu laufen, denn manche Stände sind ziemlich provisorisch. Andere dagegen sind richtige kleine Holzhäuser, die an den hinteren Teil des Platzes gebaut wurden. Oft werden auch die angeboten Möbel zur Ausstellungsfläche umfunktioniert. Ein charmanter Ort. 

Unser erster Kauf, eine Kristallschale und ein Kristallgefäß (Made in DDR) ist dann auch, mit einem Euro pro Gegenstand, ein echter Glücksgriff. Unsere Kauflust steigert sich sofort und wir wagen uns sogar durch einen Berg von merkwürdigen Schildern und kaputten Broschen. Wieder ein Treffer. Mit einer neuen Brosche geht die Stöberei weiter. Nur vor einem Berg ranziger Kleider machen wir halt und beschließen, dass es nach 1 ½ Stunden dann auch genug des Shoppings ist. Auf dem Rückweg erwirbt Luisa für 2 Euro noch einen Briefsortierer, den sie begeistert als Relikt der 30er deklariert.
Zufrieden machen wir uns auf die Suche nach einem sonntäglichen Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee. 

Wir überqueren die Hermannstraße und laufen die Herrfurthstraße  entlang bis wir zur vor kurzem eröffneten Schillerbar gelangen. Das Café ist der dritte Laden des ‚Schillerkomplexes‘, dessen Aufstieg mit dem Schillerburger (siehe Blogeintrag vom 4.Juli) begann und zu dem nach dem Schillerbäcker nun auch die Schillerbar zählt. Alle drei Läden befinden sich nebeneinander und den Gästen steht es frei hin und her zu wandern, zum Beispiel mit dem Burger in die Bar.

Unseren Kuchen sollen wir uns auch direkt in der hauseigenen Bäckerei holen. Eine kundenfreundliche Idee, da die Auswahl dort riesig und der Kuchen günstiger ist als in anderen Cafés – zumindest am Sonntagmorgen. Um fünf Uhr sind wir hier nämlich leider schon zu spät: Die Bäckerei ist restlos ausverkauft und nur die leere Vitrine erinnert an die verschwundenen Köstlichkeiten. 

Wir entscheiden uns für ein eher traurig aussehendes Schokocroissant (oder ist unser Blick nur durch die Enttäuschung getrübt). Die Café-Bäcker-Kombination ist wohl noch nicht richtig auf den sonntäglichen Ansturm eingestellt.... Dafür müssen wir trotz vollbesetzter Tische nicht lange auf unsere Getränke warten: Der Cappuccino und der frische Minze-Ingwer-Zitronen-Tee warten bereits auf uns. Besonders der frische Tee ist ein Genuss. 

Auf uns wirkt die Schillerwelt sehr sympathisch. Sicherlich, weil wir dem angesprochenen Klientel entsprechen, aber vor allem wegen des kreativen fast liebevollen Umgangs mit dem Farbbeutelanschlag, der kurz vor der Eröffnung auf die Fassade der Bar verübt wurde. Vier maskierte Täter warfen rote Farbbeutel und Steine auf das Gebäude und zerstörten die Fensterscheiben des Ladens. Es folgte ein Bekennerschreiben auf der Plattform linksunten, ein Artikel im Tagesspiegel und eine heftige Diskussion auf den Straßen des Kiezes: Wie weit darf der Protest gehen? Wer sollte hier eigentlich getroffen werden, die Hausbesitzer oder die jungen Gründer? Und wem tut der günstige Kaffee und eine Vollkornbäckerei neben all den Kiezbäckern eigentlich weh?
„Schiller liebt euch sowieso!“ prangt als Antwort im schwarzen Schablonendruck über der roten Farbe. Wir betrachten noch eine Weile das friedliche Treiben auf der Kreuzung Herrfurthstraße/ Weisestraße und schwelgen für den Rest des Tages in Schiller Zitaten...

Dass die Zärtlichkeit noch barbarischer zwingt, als Tyrannenwut!“ – Kabale und Liebe, Luise

- Nele


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